Digitaler Analphabetismus
Heute vormittag hat meine Kollegin ihrem Vater per Whatsapp ein
Foto von sich und ihrem stetig wachsenden Babybauch geschickt.
Wenige Minuten später lachte sie laut auf und berichtete mir, ihr Vater habe
dieses Bild nun als sein Profilbild eingestellt. „Das war bestimmt ein
Versehen!“, rief sie prustend, „der weiß nämlich gar nicht, wie man das macht!“
Ich schüttelte wortlos den Kopf, denn aus anderen Erzählungen weiß ich schon,
daß die Eltern meiner Kollegin eher zu den digitalen Analphabeten gehören –
obwohl sie noch gar nicht so alt sind und durchaus gebildet. Aber alles, was in
den Computerbereich hineinspielt, muß ihre Tochten ihnen richten, sonst kriegen
sie da nichts zum Laufen.
Es dauerte auch gar nicht lang, da kicherte meine Kollegin wieder, denn ihr
Papa hatte den Motivwechsel gerade bemerkt und sie tatsächlich gefragt, ob sie
denn wohl dieses Babybauchbild gerade auf seinem Handy als sein Profilbild
eingestellt habe.
Diesmal ließ ich meinen Kopf wortlos auf meine Tastatur krachen. Daß seine
Tochter aus der mehrere hundert Kilometer weit entfernten Ferne auf seinem
Handy nichts innerhalb seiner App einstellen kann, scheint mir so
selbstverständlich, daß ich seine Frage so einstufe, als habe er wissen wollen,
ob sie vor ein paar Minuten seinen Briefkasten geleert habe, der in der
erwähnten weit entfernten Ferne neben seiner Haustür hängt.
Man muß sich nicht wundern, welcher und wieviel Schund sich über das Netz in
der Welt verbreitet, wenn man hautnah mitbekommt, wie ahnungslos manche Nutzer
ihre elektronischen Geräte handhaben. So mancher Aufschrei „Da hat jemand
meinen Account gehackt, das war ich nicht!“, wenn mal wieder Ungeheuerliches in
die Welt geschickt wurde, ist sicherlich dem Unvermögen der Leute und weniger irgendwelchen
schlechten Absichten geschuldet.
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